Alkoholische Leberzirrhose
Leberversagen als Folge eines übermäßigen Alkoholkonsums in der Vergangenheit ist in Europa die häufigste Ursache des chronischen Leberversagens. Die Richtlinien der Bundesärztekammer schreiben bei alkoholischer Leberzirrhose vor die Aufnahme auf die Warteliste zur Lebertransplantation eine minimale Alkoholkarenz von 6 Monaten vor. Unabhängig davon empfehlen wir eine langfristige Mitbetreuung durch ein organisiertes Suchtpräventionsprogramm (z.B. Anonyme Alkoholiker o.ä.) vor.
Chronische Virushepatitis
Hepatitis B: Etwa 7% der Transplantationen in Deutschland erfolgen aufgrund einer chronischen Hepatitis B. Insbesondere in Asien und im südosteuropäischen Raum kommt die chronische Hepatitis B gegenüber Zentraleuropa noch deutlich häufiger vor. Aufgrund der Aufnahme der Hepatitis B Impfung in die allgemeinen Impfempfehlungen zahlreicher Länder nehmen die Erkrankungen jedoch kontinuierlich ab. Nach Lebertransplantation erfolgt nach aktuellen Empfehlungen eine lebenslange Behandlung mit Medikamenten, die die Virusvermehrung und somit das Wiederausbrechen der Hepatitis B hemmen.
Hepatitis C: Die chronische Hepatits C stellt in Deutschland in ca. 20% die Indikation zur Transplantation dar. Bei aktiver Viruserkrankung erfolgt eine unmittelbare Reinfektion des Lebertransplantates mit dem Hepatitis C Virus, welche in der Folgezeit erneut zur Ausbildung einer Leberzirrhose führen kann. Seit einigen Jahren bestehen zusätzliche medikamentöse Therapien, die eine Entfernung des Hepatitis C Virus aus dem Körper erlauben (siehe hierzu spezieller Teil Hepatitis C).
Hepatozelluläres Karzinom
Das Hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist ein bösartiger Tumor der von Leberzellen (Hepatozyten) ausgeht. Diese Tumoren entstehen in der Regel (ca. 85%) in einer durch Leberzirrhose vorgeschädigten Leber, insbesondere dann wenn Erkrankungen wie eine Virushepatitis, oder Hämochromatose ursächlich für die Leberzirrhose sind. Obwohl diese Tumoren in der Leber ihren Ursprung haben, können sie Metastasen vor allem in der Lunge und in den Knochen ausbilden. Diese Gefahr nimmt mit zunehmender Größe des Lebertumors proportional zu. Eine frühe Erkennung des Tumors ist daher für die weitere Therapie von hoher Wichtigkeit, so dass bei bekannter Leberzirrhose eine konsequente Früherkennung in halbjährlichen Abständen erfolgen sollte. Soweit es der Allgemeinzustand des Patienten und der verbleibenden Leber erlaubt, stellt die chirurgische Entfernung (Leberresektion) die effektivste Therapie von hepatozellulären Karzinomen dar. Alternativverfahren sind die lokale Zerstörung der Tumoren mit Radiofequenzen, Mikrowellen, Lasertherapie oder die lokale transarterielle Chemoembolisation (siehe hierzu gesonderten Teil).
Da hepatozelluläre Karzinome zumeist in zirrhotisch-vorgeschädigten Lebern entstehen ist die chirurgische Entfernung einerseits nicht immer möglich, andererseits besteht auch nach Entfernung oder lokaler Zerstörung von Lebertumoren die erhebliche Gefahr eines neuerlichen Tumorauftretens. Durch Lebertransplantation kann eine definitive Heilung von hepatozellulären Karzinomen erreicht werden, vorausgesetzt dass der Tumor zum Zeitpunkt der Transplantation auf die Leber beschränkt ist und nicht metastasiert ist. Aufgrund des ausgeprägten Spendermangels wurden basierend auf Tumorgröße und -anzahl Richtlinien erarbeitet, welche die Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung außerhalb der Leber sehr unwahrscheinlich machen. Diese sogenannten Milan-Kriterien, definieren somit Patienten mit hepatozellulären Karzinomen für welche die Lebertransplantation eine Therapiemöglichkeit darstellt.
Autoimmunhepatitis, Fettleber und cholestatische Lebererkrankungen
Die Autoimmunhepatitis beschreibt die Schädigung der Leber durch das unkontrollierte körpereigene Immunsystem. Die Erkrankung kann über Jahre langsam oder schubweise fortschreiten und zur Leberzirrhose führen. In manchen Fällen kann es auch im Rahmen eines entzündlichen Schubes zum akuten Leberversagen kommen.
Primär biliäre Zirrhose (PBC): Bei dieser Erkrankung kommt es zu einer langsamen Zerstörung der kleinen Gallengänge innerhalb des Lebergewebes und schließlich zur Ausbildung einer Leberzirrhose die häufig mit einer ausgeprägten Gelbsucht einhergeht. Frauen sind wesentlich häufiger betroffen und es gibt Übergangsformen mit der Autoimmunhepatitis.
Primär sklerosierende Cholangitis (PSC): Diese Erkrankung betrifft die größeren Gallengänge außerhalb aber auch innerhalb der Leber. Der Verlauf ist in der Regel ebenfalls schubweise und es kommt zur Ausbildung von entzündlichen Gallengangsverengungen (Strikturen). Männer sind häufiger als Frauen betroffen. Die PSC geht sehr häufig mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (Colitis ulcerosa, seltener auch Morbus Crohn) einher.
Caroli Syndrom: Das Caroli Syndrom ist eine seltene vererbte Erkrankung der Gallengänge innerhalb der Leber, bei der es zu Aussackungen der Gallengänge und gelegentlich Steinbildung kommt. In manchen Fällen kommt es zu wiederkehrenden Infektionen der Gallengänge und zur Ausbildung einer Leberzirrhose. In diesen Fällen sollte eine Lebertransplantation als mögliche Therapie erwogen werden.
Sekundär sklerosierende Cholangitis (SSC): Diese Erkrankung kann als Folge einer Gallengangsstriktur auftreten, gelengentlich auch nach Intensivmedizinischer Therapie oder nach parenteraler (intravenöser) Ernährung. Im Verlauf kann es zur Ausbildung einer cholestatischen Leberzirrhose kommen, bei deren Auftreten eine Lebertransplantation als Therapie erwogen werden sollte.
Nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH): Die Ablagerung von Fetten innerhalb der Leberzellen (Hepatozyten) kann zu chronischen Entzündungen führen und die Ausbildung einer Leberzirrhose begünstigen. Risikofaktoren für die Ausbildung von Fettleber und NASH sind u.a. Übergewicht und Metabolisches Syndrom (Diabetes mellitus, Hyperlipidämie). Die Notwendigkeit einer Lebertransplantation für diese Erkrankung hat in den vergangen 10 Jahren dramatisch zugenommen.
Angeborene Stoffwechselerkrankungen
Hämochromatose: Bei der Hämochromatose liegt eine Störung des Eisenstoffwechsels vor bei der es zu einer verstärkten Deposition von Eisen in Organen und Geweben des Körpers kommen kann. Im Falle der Leber führt dies zur Ausbildung einer Leberzirrhose. Eine Lebertransplantation kann in diesem Fall nach Ausschluss von Kontraindikationen erwogen werden.
Morbus Wilson: Hierbei kommt es zur gesteigerten Ablagerung von Kupfer in der Leber und anderen Organen, was zu einer langsam fortschreitenden Leberzirrhose führen kann. In einzelnen Fällen kann es auch im Rahmen einer sogenannten M. Wilson Krise zu einem akuten Leberversagen kommen. In beiden Fällen ist die Lebertransplantation eine definitive Therapie.
Alpha-1 Antitrypsinmangel: Der Mangel an Alpha-1 Antitrypsin führt durch die gesteigerte Aktivität des Enzyms Trypsin zu einem Eiweißabbau. Im Laufe der Zeit kommt es zur fortschreitenden Schädigung von Leber und Lunge.
Glycokenspeichererkrankungen: Bei Erkrankungen dieses Formenkreises kommt es zur Ablagerung von defekten Kohlenhydraten in der Leber und anderen Organen.Patienten mit Glycokenspeichererkrankungen sollten alle 6 Monate fachärztlich untersucht um die ggf. mögliche Ausbildung eines Tumors besteht.
Gefäßthrombosen
Beim sogenannten Budd-Chiari Syndrom kommt es zum thrombotischen Verschluss der Lebervenen und ggf. zum Leberversagen. Therapeutisch sollte zunächst versucht werden, den Blutfluss in den Lebervenen wieder herzustellen. Im Falle eines resultierenden akuten oder chronischen Leberversagens sollte eine Lebertransplantation erwogen werden.