Hämochromatose

Hereditäre Hämochromatose

Die hereditäre Hämochromatose ist eine erbliche Eisenspeichererkrankung. Bei entsprechender Veränderung im HFE Gen kommt es zunächst zu meist unspezifischen Frühsymptomen und später kann eine Eisenüberladung und Schädigung wichtiger Organe wie der Leber (Leberzirrhose), dem Herz (Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche) und der Bauchspeicheldrüse (Diabetes mellitus) auftreten. Die Früherkennung gelingt durch die Bestimmung des Eisenspeicherwerts Ferritin. Bestätigt sich ein Erkrankungsverdacht im Eisenstoffwechsellabor aufgrund einer erhöhten Transferrin-Sättigung, so kann nach entsprechender Beratung eine Gendiagnostik durchgeführt werden. Die Therapie der betroffenen Patienten besteht in einer zunächst ein- bis zwei-wöchentlichen Aderlasstherapie bis der Eisenspeicherwert Ferritin im unteren Normalbereich angekommen ist.

Weiterführende Informationen:

Die hereditäre Hämochromatose (erbliche Eisenspeichererkrankung) wird in Nordeuropa relativ häufig diagnostiziert. Zunächst ist es wichtig, die reine genetische Veranlagung (Prädisposition) zur Eisenspeicherung ohne Krankheitssymptome von einer Eisenüberladung als Krankheit zu unterscheiden. Von einer Eisenüberladung des Körpers spricht man, wenn eine Eisenablagerung in Organen wie der Leber feststellbar ist und der Eisenspeicher des Körpers über die Norm von ca. 4g beladen ist. Mit weiterem Anstieg der Eisenüberladung (ca. 10-20g) kann es zu frühen Krankheitssymptomen kommen, die zumeist unspezifisch sind (Müdigkeit, Gelenkbeschwerden). Im Spätstadium der Erkrankung treten dann bei massiver Eisenüberladung des Körpers (zumeist >20g) Organschäden auf, die zum Tod führen können. Diese sind an der Leber (Leberzirrhose), dem Herz (Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche) und der Bauchspeicheldrüse (Diabetes mellitus) zu beobachten. Die Eisenablagerung in der Haut kann zu einem bräunlichen Hautaspekt führen (sog. „Bronzediabetes“). Definitionsgemäß ist von einer „Hämochromatose“ als Erkrankung nur zu sprechen, wenn zumindest eine pathologische Eisenspeicherung belegt ist.

Erstaunlicherweise werden aber nur wenige Menschen mit genetischer Veranlagung (Prädisposition) auch tatsächlich krank. Man spricht daher von einer niedrigen Penetranz (Auftretenswahrscheinlichkeit der Erkrankung). Diese liegt für eine milde Krankheitssymptomatik unter 30% und für schwere Krankheitsbilder wie eine Leberzirrhose unter 5%. Seit 1997 konnten verschiedene Erbanlagen für eine hereditäre Hämochromatose identifiziert werden (Abbildung 1). In Nordeuropa am häufigsten ist die HFE-vermittelte Hämochromatose (Gen: HFE), die weit über 90% der erblichen Eisenspeichererkrankungen zugrunde liegt. Deutlich seltener liegen bei Erwachsenen erbliche Veränderungen (Mutationen) im sog. Transferrin-Rezeptor 2 (TFR2) oder Ferroportin (FP; SLC40A1) Gen vor. Bei Krankheitsmanifestation bereits im Kindesalter können erbliche Veränderungen im sog. Hämojuvelin (HJV) oder Hepcidin (HAMP) Gen vorliegen.

abb1

Abb1: Hereditäre Hämochromatose: Genorte

 

Im HFE Gen gibt es erbliche Veränderungen an verschiedenen Stellen: C282Y ist die bedeutsamste Mutation und hat eine relevanten Einfluss auf eine vermehrte Eisenspeicherung, wenn die Erbanlagen beider Chromosomen mutiert sind (sog. homozygote Mutation C282Y). Einen deutlich geringeren Einfluss haben die Mutationen H63D oder S65C, die nur zusammen mit mindestens einer krankhaften Erbanlage im C282Y Genort relevant sind (Abbildung 2). Bei Vorliegen von jeweils einer normalen (sog. Wildtyp) und einer veränderten Erbanlage (mutiertes Allel) spricht man von einer sog. Compound-Heterozygotie. Hier kann eine vermehrte Eisenspeicherung auftreten, wenn begünstigende Cofaktoren (z.B. starker Alkoholkonsum) hinzutreten. Für alle anderen Kombinationen der genetischen Veränderungen ist eine funktionelle Relevanz mit schwerwiegender Eiseneinlagerung sehr unwahrscheinlich. Die Häufigkeit des veränderten C282Y Genorts (Allels) liegt in Europa bei ca. 4% (oder 1:25). Nach den Regeln der Vererbung ist die Häufigkeit von zwei veränderten Genorten in einem Individuum somit 1/25 x 1/25, also etwa 1:600 oder 0,16%. Da nur weniger 5% der Erbanlagenträger relevant erkranken, dürfte die Häufigkeit dieser Menschen in der Bevölkerung Nordeuropas unter 1:10000 liegen.

Bildschirmfoto 2015-01-05 um 08.47.13

Abb2: Anteil aller Hämochromatosen

Die Diagnose einer hereditären Hämochromatose wird zumeist über ein Screening mittels Bestimmung des Eisenspeicherwerts Ferritin gestellt. Im Falle erhöhter Ferritin-Werte, die sehr unspezifisch bei vielen anderen Krankheitsbildern erhöht sein können, erfolgt eine Bestätigung durch die Transferrin-Sättigung, die bei Hämochromatose Patienten über der Norm liegt. Erst danach besteht ein hinreichend hoher Krankheitsverdacht, um nach entsprechender genetischer Beratung eine Gendiagnostik durchzuführen. Bestätigt sich die Diagnose und bestehen Hinweise auf eine relevante Eisenspeicherung, werden die einzelnen betroffenen Organsysteme näher untersucht. Für die Leber bedeutet dies eine Lebersteifigkeitsmessung oder eine Leberbiopsie zum Ausschluss einer Zirrhose. Im Rahmen der Leberbiopsie kann dann auch eine quantitative Bestimmung des Lebereisens (bezogen auf das Alter als sog. Lebereisen-Index) und damit Diagnosesicherung erfolgen. Eine Eisenquantifizierung in den Organen kann mittlerweile aber auch nicht-invasiv mittels MRT durchgeführt werden.

Die Therapie der betroffenen Patienten besteht in einer Aderlasstherapie. Dabei wird mit einem 500ml Beutel Blut etwa 250mg Eisen, das in den roten Blutkörperchen gespeichert ist, aus dem Körper entfernt. Bei massiver Eisenüberladung ist zunächst eine ein- bis zwei-wöchentliche Aderlasstherapie über viele Monate notwendig, bis der Eisenspeicherwert Ferritin im unteren Normalbereich (30-50 ug/l) angekommen ist. Nur in sehr seltenen Fällen ist eine Tabletten-Therapie mit Eisen-Komplexbildnern (sog. Chelatoren) notwendig. Es ist von entscheidender Bedeutung, betroffene Patienten frühzeitig zu identifizieren und die Aderlasstherapie rechtzeitig zu beginnen, bevor schwere Organschäden aufgetreten sind. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ist die Prognose auch mit Aderlasstherapie eingeschränkt.

Neben der Aderlasstherapie können ergänzend auch allgemeine Maßnahmen hilfreich sein. So sollte eine Vitamin C Einnahme 500mg pro Tag nicht überschreiten, da diese die Eisenresorption ungünstig beeinflusst. Dagegen ist der Konsum von Tee sogar günstig und hemmt die Eisenaufnahme.

 

Kontakt:

Die Behandlung von Patienten mit genetischen Störungen des Eisen-Stoffwechsels erfolgt im Rahmen des Zentrums für seltene Erkrankungen Nordbayern (http://www.zese.ukw.de).