Die Gruppe der cholestatischen (von gr. χολή Galle und στάσις Stau) Lebererkankungen muß zum besseren Verständnis der Diagnostik und Therapieentscheidungen in extra- und intrahepatische Ursachen unterschieden werden. Beim ikterischen Erwachsenen (gr. ικτερος Gelbsucht) liegt in 40% der Fälle eine Galle-Abflussbehinderung ausserhalb der Leber (extrahepatische Obstruktion) zugrunde, deren Anteil mit zunehmendem Alter steigt.
Die überwiegende Mehrheit der intrahepatischen Cholestasen (Gallenstau in der Leber) ist nicht durch ein Abflusshindernis im Bereich der Gallenwege bedingt, sondern durch einen Stau in den Leberzellen selbst. Die häufigste Ursache ist die Reaktion auf Arzneimittel und ist grundsätzlich als Nebenwirkung bei vielen Medikamenten bekannt. Als Sonderform gilt die Östrogen-induzierte Cholestase, welcher ähnlich der intrahepatischen Schwangerschaftscholestase (ICP) häufig eine familiäre Überempfindlichkeit zugrunde liegt. Genetischen Veränderungen in den Genen der Gallentransporter können als prädisponierender Faktor bei einer Reihe dieser cholestatischen Erkrankungen eine Rolle spielen. Weitere häufige Ursachen stellen die Freisetzung von Entzündungsmediatoren im Rahmen bakterieller Infekte oder schweren allgemeinen Erkrankungen dar und oft bei Patienten auf Intensivstationen beobachtet werden können (Abbildung 1). Grundsätzlich kann auch jede akut oder chronisch verlaufende Hepatitis (z.B. viraler oder alkoholischer Ursache) mit einer Cholestase einhergehen.
Die primär biliäre Zirrhose (PBC) stellt eine chronisch fortschreitende cholestatische Lebererkrankung der mikroskopisch kleinen Lebergallengängchen dar, deren Ätiologie weiter ungeklärt ist. Betroffen sind zumeist Frauen der zweiten Lebenshälfte. Charakteristischerweise kommt es im Verlauf zur Zerstörung der kleinen Gallengänge mit Entwicklung einer Leberzirrhose im Endstadium. sowie andere Zirrhoseformen dar.
Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) stellt eine fibrosierende Entzündung der grossen intrahepatischen und extrahepatischen Gallengänge dar, die zu teils ausgeprägten an vielen Orten auftretenden Engstellen führen kann. Wie bei der PBC kann es im fortgeschrittenen Stadium zur Entwicklung einer Leberzirrhose kommen. Die Erkrankung betrifft typischerweise Männer in jüngeren Jahren und tritt oft zusammen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auf. Eine gefürchtete Komplikation stellt das Auftreten eines Gallengangskarzinoms (Cholangiokarzinom) mit schlechter Prognose dar. Eine Heilung kann hier nur in Frühstadium durch eine Operation bzw. in Einzelfällen auch Transplantation möglich.
Nicht selten kommt es zu Überlappungen dieser autoimmunologischen Erkrankungen, sogenannten Overlapsyndromen.
Therapie bei cholestatischen Lebererkrankungen
Zur Therapie der cholestatischer Lebererkrankungen wie der primär biliäre Zirrhose (PBC) und der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) wird vor allem Ursodesoxycholsäure (UDCA) eingesetzt. Es handelt sich dabei um eine entzündungshemmende natürliche Gallensäure, die beim chinesischen Scharzbären den Hauptbestandteil der Galle ausmacht, bei Menschen jedoch nur etwa 3% des Gallensäurepools einnimmt und therapeutisch angereichert wird. Während bei der PBC nicht nur die Symptome, sondern auch das Überleben der Patienten verlängert wird, konnte dies bei der PSC bisher aufgrund der niedrigen Patientenzahlen in den Studien nicht signifikant belegt werden. Daher wird die formal nicht zugelassene Therapieindikation PSC zunehmend kritisch gesehen. Bei prädominanten Engstellen (Stenosen) der grossen Gallengänge wird üblicherweise ergänzend eine endoskopische Aufdehnung (Dilatation) durchgeführt. Alternativ kann auch eine operative Revision des Gallengangs erfolgen. Im Spätstadium ist bei geeigneten Patienten eine Lebertransplantation möglich.
Abbildung 1: Entzündungsquellen in verschiedenen Organen als Ursache der intrahepatischen Cholestase
(aus Geier et al. Nat Clin Pract 2006).